Sonntag, 22. April 2012

Rangun aus den Augen eines Einheimischen - Myanmar letzter Teil (4)

Es ist mein letzter Tag in Myanmar. Mein Flug war angesetzt für 18 Uhr und mein Taxi bestellt für 15 Uhr. Diesen Tag sollte ich alleine in Rangun verbringe, da meine Reisebegleiter der vergangenen beiden Tag  - Clarisse, Daniel und James - am frühen Morgen die Stadt verlassen haben, um Bagan im Norden zu besuchen. Das blieb mir aufgrund meines beschränkten Zeitbudgets leider verwehrt. Ich hoffe jedoch, das bald nachholen zu können. Nach einem einsamen Frühstück (die anderen Tage hatte ich immer neue Leute beim Frühstück kennen gelernt) fragte ich an der Rezeption, ob sie mir einen Tip geben könnten, was ich an diesem Tag noch machen könnte. Nach kurzer Beratung empfahl man mir, den Kandawgyi Lake zu besuchen. Wahrscheinlich lachten sie sich hinterher in's Fäustchen, weil sie wussten, dass sie mich da nicht in einen ruhigen Park sondern zu einer weiteren Partymeile geschickt haben. Aber so ist das eben zu Thingyan.

Ich bin also tapfer losgelaufen, versuchte die schlimmsten Wasser-Stationen durch taktvolles Wechseln der Straßenseiten zu umgehen (wollte nicht am letzten Tag meine Kontaktlinsen einbüßen) und einige Fotos zu machen,  ohne meine Kamera einem erhöhten Wasserbeschädigungsrisiko auszusetzen. Langsam hatte ich mich auch daran gewöhnt, in Rangun ein Celebrity zu sein. Routiniert winkte ich meinen Fans zu, lachte und beantwortete die Fragen nach meiner Herkunft. Daher war es nicht überraschen, als plötzlich ein junger Mann neben mir lief und mir ebenfalls die Frage nach meiner Herkunft stellte. Er war sehr freundlich und fragte, wo ich denn hingehe. Das kam mir ganz gelegen, denn ich hatte nicht das Gefühl, den See tatsächlich ohne ausgiebiges Studium eines Stadtplanes finden zu können. So erklärte ich ihm, dass ich auf dem Weg zu "irgendsoeinem See" hier in der Nähe bin und er erklärte sich bereit, mir den Weg zu zeigen. Wir liefen noch sehr weit bis zu dem See und ohne ihn hätte ich schon viel früher aufgegeben und versucht, zumindest zu meiner Unterkunft zurück zu finden. Wenn man sich immer darauf verlassen konnte, dass jemand dabei war, der einen Plan hat (Clarisse), dann hat man selber keinen und dementsprechend hätte ich mich sicher verlaufen. Klar hätte mir Lonely Planet den Weg zurück gezeigt, aber n bissl stressig wär das schon gewesen. Ich fand es dann doch sehr angenehm, im Schutz eines Einheimischen unterwegs zu sein. Interessanterweise war er ein viel geringer frequentiertes Wasserattackenziel als ich - andererseits ist das wohl auch nicht überraschend. Er sagte mir, sein Name sei Shiva und er arbeite in Rangun. so wie ich ihn verstanden hab, stellt er Wasserrohre her (water pipes), oder vielleicht doch water bikes? Ich denke ersteres. Sein Englisch war nicht das Beste, denn er hat sich das selber beigebracht. Dennoch konnten wir irgendwie kommunizieren. Meist hilft auch ein verständnisvolles Lächeln oder Zeichensprache. Was jedoch immer gut geht als Konversationsthema (zumindest mit Männern) ist Fußball. Überall auf der Welt mögen Männer Fußball und kennen Spieler und Ligen. Nachdem Shiva gehört hatte, dass ich aus Deutschland komme, hat er mir interessanterweise Michael Ballack als Fußballspieler genannt. als er dann noch erfuhr, dass ich aus dem Osten stamme, sagte er "Wie Ballack!". Ja cool! Der kennt sich aus. Das aktuelle Ergebnis von München gegen Dortmund hatte er jedoch noch nicht auf dem Schirm und glaubte noch an eine mögliche Meisterschaft für München. Das hat sich ja nun erledigt. Aber es gibt ja noch die Champions League. Mit Daniel war das auch ein ausgedehntes Gesprächsthema. Da bin ich doch ganz froh, dass ich mich jetzt ein wenig mit Fußball auskenne (Danke Johasi!).
Irgendwann sind wir dann doch am See angekommen. Dort war eine Partymeile errichtet. Erinnerte mich optisch ein wenig an's Laternenfest (Bäume und See). Aber die Musik war natürlich tausendmal besser und das Wetter auch und überhaupt und so!! Direkt am See gab's sowas wie einen Festivalbereich. Man musste Eintritt bezahlen und es gab ein paar Bühnen mit DJs.
Außerdem steht am See auch dieses imposante Gebäude, in dem man heiraten kann, wie mir Shiva erklärte... Foto gemacht und dann gab's eine kleine Verschnaufpause am See mit Cola.
<-- Verschnaufpause am See mit Cola. Das ist Shiva. Lustig war's irgendwie schon. Wir saßen da so rum und unterhielten uns und irgendwann kam eine Meute betrunkener Jugendlicher. Einen hatten sie wohl bestimmt, der mit mir reden musste. Er kam zu mir, schüttelte mir die Hand, fragte mich wo ich herkomme und ob ich glücklich bin (seltsame Standardfrage in Rangun). Ich beantwortete seine Fragen, lächelte, winkte seinen Kunpels zu... Irgendwann wusste er wohl nicht mehr weiter und sah sich verunsichert um. Er lächelte mich an, bedankte sich, verabschiedete sich und dann zogen sie ab. Sowas erlebt man dort öfter. :) Aber ich war echt froh, dass Shiva da war. Irgendwie fühlte ich mich sicherer.
An dem See gab's nicht wirklich viel zu erleben. Also sind wir irgendwann wieder losgezogen. Es war Mittagszeit und ich schlug vor, dass wir was essen sollten. Mitlerweile bin ich bei sowas recht aufgeschlossen und traue meinem Magen diverse hygienische Standards zu (trotzdem heißt das nicht, dass ich jedes Gericht esse). Deshalb überließ ich es Shiva zu entscheiden, wo wir essen wollen. Wir gingen zum Inder (welch Überraschung). Wenn man den Laden betritt sind im Eingangsbereich erst mal einige Handwaschbecken, denn beim Inder isst man mit den Händen. Überhaupt hatte dieser Inder nichts mit dem Inder in Halle in der großen Ulrichstraße zu tun, außer dass es in beiden Restaurants Menschen und Essen gibt. Aber das war's.  Auf dem Foto oben sieht man in der Mitte einen energisch gestikulierenden Mann. Das war scheinbar der Chef des Hauses. Er war sehr laut und wirkte aufgebracht, aber Shiva erklärte mir, dass er nur die Bestellungen aufnimmt.
Es war absolut phantastisch, das mitzuerleben. Ich war wie immer die einzige Ausländerin. Das war eigentlich fast überall so. Das Essen war auch gut. Besonders eine Pampe da links oben auf meinem Teller (ist schon leer, wurde aber ständig aus einem Eimer mit einer Kelle nachgefüllt). Ich glaube es war Kichererbsenpampe. Ich hab auch extra Besteck bekommen. Scheinbar kommen doch ab und zu mal Ausländer vorbei.
Und dann kam eigentlich das beste. Nach dem Essen hatten wir noch ein wenig Zeit und wussten nicht so richtig, was wir machen sollten, also schlug Shiva vor, mit dem Bus zur Sule-Pagoda zu fahren, wo auch das Regierungsgebäude steht. Nun ist das nicht einfach nur "wir fahren mit dem Bus wohin und gucken uns was an." Nein, es heißt erst mal "wir fahren mit dem Bus". Das war mit Sicherheit neben all den anderen tollen Eindrücken, eine der tollsten Erfahrungen der Reise. Zuerst einmal bot man mir als Sonderpassagier (westlicher Tourist) erst einmal den gepolsterten Sitz ganz vorne neben dem Fahrer an. Die Aufforderung, mich dort hinzusetzen, habe ich ignoriert und mich neben die Einheimischen auf die Holzbänke gequetscht. Wenn schon denn schon, nichwahr? Das Alter des Gefährt lässt sich schwer schätzen, aber es war definitiv älter als ich und das will schon was heißen!
Der Bus kam nur sehr langsam vorwärts, denn alle paar Meter schien es eine Bushaltestelle zu geben. Leider war es mir nicht möglich, zu folgern woran man eine Bushaltestelle in Rangun erkennt. Na zum Glück hatte ich ja einen Ortskundigen dabei.
Das ist übrigens ein Shopping-Center. War leider zu wegen Thingyan.
Hier verhandelt der Busboy mit einem potentiellen Mitfahrer. Vielleicht kannten die sich aber auch. Ich werde es nie erfahren. Der blonde Jüngling mit seinem Aung San Suu Kyi T-Shirt stieg nach dem Gespräch jedoch in den Bus.
Schöne Frauen gibt's ja bekanntlich in Asien zuhauf. Dies ist eine davon. An einer der zahlreichen Haltestellen fotografiert.
Die Passagiere.
Hier sieht man ein wenig mehr vom Bus an sich. Die Gangschaltung sah so, als als müsse man sie beidhändig bedienen. Von unten kam ganz schön viel heiße Luft aus dem Motor. Einmal wurde im Boden eine Klappe geöffnet und mit dem Schraubenzieher irgendwas gefriemelt. Ich weiß nicht, ob diese Aktion mit dem Anschließenden Rückwährtsfahren des Busses in Zusammenhang stand, aber es kam mir so vor. (Google Translator leistet hier ja tolle Arbeit: "Once a floor, a door opened with a screwdriver and gefriemelt something. I do not know if this action was followed by the bus Rückwährtsfahren in context, but it seemed to be so.")
Straßenszene. Wenn ich mich richtig entsinne, kommt da eine kleine Brücke und dahinter ist dann die Sule Paya. Aber ich hab mich auf meinen Guide verlassen. :)
Angekommen beim Regierungsgebäude haben wir es uns unter bunten Sonnenschirmen an einem kleinen Straßencafé auf winzigen Plastikstühlchen (die in Asien sehr verbreitet sind) gemütlich gemacht und eine Zitronenlimo geschlürft. Währenddessen konnte man herrlich die Crowd beobachten: Betrunkene, Jugendliche, Feiernde, Ausländer, Frauen in traditionellen Kleidern und vor allem gaaaaanz viele nasse Leute. Dahinten steht auch eine Bühne. Auf dieser wurden sowas wie myanmarische Schlager gesungen. Shiva fand das langweilig. Das war es übrigens auch. Bei einem Lied erklärte es mir, dass es im Text darum geht, mit dem Kosen aufzuhören. Klingt spannend...
Überall Wasser... Irgendwann musste ich dann doch wieder zu meinem Guesthouse zurückkehren, da das Taxi zum Flughafen ja für 15 Uhr bestellt war. Zum Glück hatte ich Shiva dabei, der wusste wo mein Guesthouse war und mich nach Hause brachte. Ich schenkte ihm dort meine aktuelle Ausgabe des National Geographic. Dafür hatte ich die Zeitschrift auch gekauft. Ich hatte gehofft, dass sich eine Möglichkeit bietet, sie im Land zu lassen, vorzugsweise natürlich bei jemandem, der sich dafür interessiert. Und da war Shiva absolut der Richtige, denn er stellte mir viele Fragen über Thailand und Deutschland. Er fragte mich auch, ob er auch zum Flughafen mitkommen könne, um sich dort mal ein wenig umzusehen. War natürlich ünberhaupt kein Problem. wir verabschiedeten uns und dann war er weg und ich musste mich drin wieder mit der bösen Realität auseinandersetzen - nervige Gruppenreisende!


Meine Güte, ich war ja irgendwann soooo angenervt. Da sind welche mit einer organisierten Reise nach Myanmar geflogen (alles Thais). Dagegen ist ja erst mal nichts einzuwenden. Aber das die dann alle zusammen einchecken und ihr Gepäck abgeben war dann schon extremst nervig, weil es, wie man sich vorstellen kann, nicht so glatt läuft, wenn man 50 Pässe und Koffer auf einmal abgibt. Air Asia war damit auch überfordert und ich bin fast ausgerastet!! so hab ich am Ende meiner Reise dann doch noch einmal ein wenig die Geduld verloren - aber nur innerlich.





Bei der Passkontrolle gab es einen Extraschalter für behinderte Seemänner. Fragt mich nicht, ich weiß es auch nicht. Hatte auch mit Daniel drüber gesprochen und er fand's auch witzig. Also es ist nicht so, dass ich's einfach nicht verstanden hab, sondern scheinbar haben die Verantwortlichen des Flughafens da irgendwas durcheinander gebracht. Aber gut... ist ein schönes Fotomotiv.

Vom Flugzeug aus der Blick auf das Flughafengebäude.
Noch einmal ein Sonnenuntergang über Rangun. Was für ein traumhaftes Abenteuer...


Bye bye Myanmar, hope to see you again!

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