Samstag, 18. August 2012

Thailändische Folklore - oder so...

Nun mal ein kleiner Ausflug in die Welt der Bürokratie - Visa und ihre Besonderheiten. Ich habe ja vor meinem Abflug nach Thailand ein ein-Jahres-Visum mit mehrfacher Einreise beantragt und auch bekommen. Und da ging ich blauäugig davon aus, damit auch problemlos ein Jahr in Thailand bleiben zu können. Was ich nicht wusste, ist, dass es sich dabei eigentlich um ein 90-Tage-Visum handelt, dass eben nach 90 Tagen abläuft. Danach ist man praktisch ohne Visum unterwegs. Da ich ja Anfang Mai aus Kambodscha nach Thailand eingereist bin, hatte ich da also ein neues Visum bekommen, dass für 90 Tage (bis. 29.07.) gültig war. Zufällig unterhielt ich mich letztens mit einer Freundin über Visa und deren Besonderheiten, als mir langsam dämmerte, dass mein Visum nicht zu einem einjährigen Aufenthalt im Land berechtigt. Da war mein Visum aber schon abgelaufen...
Mich erfasste verständlicherweise nackte Panik. Ich sah mich im Gefängnis oder mit einem lebenslangen Einreiseverbot bestraft. Ich versuchte meinen Kollegen zu erreichen, der allerdings, weil es schon recht spät war, das Telefon nicht mehr hörte. Dann versuchte ich es bei unserer Sekretärin, die zum Glück ran ging und mich beruhigte. Der obige Sachverhalt ist recht vereinfacht dargestellt. Es gibt verschiedene Typen von Visa mit unterschiedlichen Bedingungen, aber diese Details will ich euch ersparen. Ich wusste das alles vorher auch nicht. Am nächsten Tag war ich also nach wie vor panisch und besuchte das Immigration Office (Einwanderungsbehörde) in Bangkok. Die konnten mir aber auch nicht wirklich weiter helfen, da sie mir kein neues Visum ausstellen können. Die einzige Lösung für mein Problem war: das Land verlassen, eine Strafe zahlen (500 Baht pro extra Tag) und wieder einreisen mit der Hoffnung, problemlos ein Visum zu bekommen. Damit taten sich allerdings neue Probleme auf, denn es war ungewiss, ob ich noch einmal eine 90-tägige Aufenthaltserlaubnis bekommen würde. Die Alternative war Touristenvisum. Nun ist es bei deutschen Staatsangehörigen so, dass sie bei einer Einreise über Land (als Bus bzw. zu Fuß) nur ein 15-Tage-Visum bekommen. Bei der Einreise mit dem Flugzeug erhält man allerdings 30 Tage. Nun ist mir mein Missgeschick aufgefallen, als ich noch ca. 25 Tage bis zu meiner nächsten planmäßigen Ausreise hatte. Das heißt also, entweder Ende August nochmal per Land einzureisen (falls ich nur ein 15-Tage-Visum hätte) oder in den sauren Apfel zu beißen und irgendwohin zu fliegen, nur um dann wieder zurück fliegen zu können. abgesehen von der ökologischen Unsinnigkeit des Unterfangens hat diese Version natürlich auch den Nachteil, besonders kostenintensiv zu sein. Nun will ich mich nicht über Geldprobleme auslassen... Nur soviel, sowas kann ein Budget ganz schön durcheinander wirbeln. Ich habe mich für Kuala Lumpur entschieden, weil es einerseits am preiswertesten war und andererseits das Visum für Malaysia kostenlos ist (im Gegensatz zu Kambodscha zum Beispiel). Netterweise hat mich mein Chef schon am Donnerstagabend nach Kuala Lumpur fliegen lassen und mir den Freitag somit frei gegeben.
Ich bin also Donnerstag Nachmittag leicht nervös zum Flughafen in Bangkok gefahren. Glücklicherweise gestaltete sich dann doch alles ziemlich problemlos. Es gibt extra eine Stelle am Flughafen, wo man die Gebühr für die extra Tage bezahlen muss. Dort wurde ich hin gebracht, es wurde eine Quittung ausgestellt, ich habe bezahlt und dann war schon wieder alles vorbei. Der Beamte war sogar recht nett zu mir. Man sollte sich aber bewusst sein, dass sowas keine Kleinigkeit ist. Man befindet sich zu dem Zeitpunkt illegal ohne Visum im Land und wenn man auf der Straße aufgegriffen wird, wandert man erst mal in's Gefängnis. Ist das Visum dann schon lange abgelaufen, kann das Ganze damit enden, dass man nie wieder nach Thailand einreisen darf. Aber dafür muss man schon um einiges zu lange im Land sein.

Von Thailand nach Malaysia gibt es witzigerweise eine Stunde Zeitverschiebung, aber da ich mich dort wirklich nur wenige Stunden aufhielt, habe ich mich darum nicht weiter gekümmert. Ich habe versucht, irgendwo zu schlafen, da ich für die wenigen Stunden kein Geld für ein Hotelzimmer ausgeben wollte, somal mich das Ganze sowieso schon mehr als genug gekostet hat! Der Schlaf gestaltete sich unbequem und am Ende habe ich mich erkältet. Aber dafür konnte ich dann Freitagmittag nach Krabi weiter fliegen. 


Endlich wieder in Krabi konnte ich den ganzen Stress dann etwas vergessen und Abends in der Bar der Zulu Band lauschen. Eine Woche zuvor hatte ich dort Anna aus Russland kennen gelernt (im Bild in der Mitte). Sie lebt in Ao Nang und ist auch Hobby-Musikerin. Ich habe sie dann mit der Band verkuppelt und nun spielt sie öfter mal mit ihnen in der Bar. Es war ein schöner Abend und ich habe ihn nochmal sehr genossen, da ich weiß, dass das vorerst der letzte Abend war, an dem ich die Zulu-Band sehen konnte. Ich werde noch einmal nach Krabi fliegen, aber an diesen Tagen spielt die Band nicht. Und dann ist meine Zeit hier auch schon wieder rum. Ich kann es nur schwer glauben und es ist natürlich irgendwie traurig. Aber die Welt steht mir offen und nach meinem Studienabschluss verschlägt es mich vielleicht ja wieder nach Thailand, wer weiß...


May und ich hatten schon seit einiger Zeit geplant, einen Trip nach Phatthalung zu machen, wo sein "Lehrer" wohnt. Was es damit genau auf sich hat, erkläre ich später. Der Bus nach Phatthalung war sehr voll, da wir am Wochenende fuhren. Die Fahrt dauerte ungefähr 4 Stunden. Anna ist auch  mitgekommen. So war May also mit 2 Annas unterwegs, was bei den Leuten, mit denen wir uns ab und an unterhielten, immer recht amüsant ankam.
Das ist der Raum des Lehrers in Phatthalung. Man kann schon erahnen, dass er kein Schullehrer ist, sondern eher in religiösen Dingen unterwegs ist.
Draußen gab es viel schweres Gerät mit dem an Autos, Motorrädern und anderen Dingen herumgeschweißt und geschraubt wurde.
Und es gab bunte Küken. Die haben ausnahmsweise mal keine Funktion sondern wurden einfach nur zum Spaß bunt gefärbt. In Deutschland würde der Tierschutz protestieren, hier wird darüber gelacht.













Als wir in Phatthalung angekommen sind, hat uns eine Frau, die ebenfalls dort "Lehrerin" ist, zu einem Fest mitgenommen, dass dort in der Nähe, irgendwo auf dem Land, gerade stattfand. Dabei handelte es sich um den schon in früheren Einträgen beschriebenen Manora-Tanz. Durch den Tanz an sich erkennt man von der Geschichte allerdings nur wenig. Ich weiß auch nicht, ob dieser Tanz die ganze Geschichte abbildete, oder vielleicht auch nur einen Teil davon, denn es ging eindeutig irgendwie um ein großes Krokodil, dass getötet werden musste.
Das ganze lief auch wieder irgendwie total unkoordiniert für meine Augen ab, aber ich habe von sowas ja auch überhaupt keine Ahnung und das auch zum ersten Mal gesehen. Zwischendurch kamen immer mal wieder Leute dazu, die scheinbar in Trance waren. Wie genau das mit der Story zusammenhing weiß ich auch nicht.


Wie man auf den Bildern sieht, sind die Kostüme sehr beeindruckend. Es lief die ganze Zeit laute Musik mit Trommeln und einer durchdringenden Flöte. Ich habe auch einige Videos gemacht, die ich später noch auf Youtube laden werde.


Irgendwann war das Spektakel dann vorbei. Ich nehme an, das Krokodil wurde erfolgreich erlegt. Dort vor Ort waren alle sehr freundlich, wie immer. Wir waren - wie immer - die einzigen Ausländer weit und breit, was dazu führte, das Kinder uns mit offenen Mündern anstarrten und die Erwachsenen schüchtern lächelten. :) Man gewöhnt sich auch daran. Es war auf jeden Fall unglaublich beeindruckend und ich kann gar nicht ausdrücken, wie unglaublich dankbar ich bin, dass ich durch May die Möglichkeit habe, solche Sachen zu sehen und zu erleben. Das ist wirklich einmalig!
Danach ging es zurück zum Lehrer. Zunächst sollte ich vielleicht erläutern, was das für ein Lehrer ist. Das ist nämlich kein Lehrer in unserem westlichen Sinne, sondern eher so eine Art Medium/Psychologe/Ratgeber. Schwer zu erklären. Es hat was mit Buddhismus zu tun, aber auch mit thailändischer Musikkultur. Dieser Lehrer ist sowohl so etwas wie ein Dorf-Psychologe für seine Gemeinschaft, als auch tatsächlich eine Art Lehrer für Musik und traditionell thailändischen Tanz. 
Immer Samstagabends finden bei ihm Treffen statt, wo eben mal Tänze aufgeführt werden, oder Musik gemacht wird, oder eben persönliche Ratschläge erteilt werden. Dabei fährt der Geist eines verstorbenen Mönchs in den Körper des Lehrers, was ihn dazu befähigt, Ratschläge zu geben und auch eine Art Segen auszusprechen. Das ganze lässt sich wirklich sehr schwer erklären. Die ganze Veranstaltung ist recht locker, es wird gescherzt und geschwätzt. 
Dazu noch ein Wort über den Begriff des Lehrers. So wie ich das bisher verstanden habe, ist ein Lehrer im buddhistischen Sinne (oder im thailändisch religiösen Sinne - ich will mich da nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, bin ja kein Experte) jemand, von dem man etwas lernt. In diesem Sinne, ist jeder irgendwie ein Lehrer. Wenn ich May von der deutschen Teil und erzähle, lernt er von mir. Und wenn er mit etwas über Buddhismus erzählt, ist er mein Lehrer. 
Da kommt auch die andere Herangehensweise an zwischenmenschliche Kontakte zum Tragen. Denn wenn man unvoreingenommen neue Menschen kennen lernt, ist jeder ein Lehrer. Und dieser Lehrer in Phatthalung hat eben eine besondere Stellung. Die Leute sehen zu ihm auf und haben ganz besonderen Respekt vor ihm. Zudem vernetzt er die Gemeinde und leitet gespendetes Geld an entsprechende Stellen weiter (z.B. Schule etc.). Da nun wahrscheinlich einige denken, dass das ne ganz schön seltsame Sache ist, hier noch einige Worte zum Thema Geld: Wir (also Anna und Anna) wurde an keiner Stelle um Geld gebeten oder ähnliches. Es handelt sich nicht um Abzocke oder eine Sekte. Im Gegenteil. Man freute sich sehr, dass wir da waren. Uns wurde explizit erlaubt, während der ganzen Veranstaltung zu fotografieren und zu filmen. Zudem wurden wir mit Amuletten, Armreifen und anderen glückbringenden Talismännern überschüttet, ohne das eine Gegenleistung von uns erwartet wurde.
Diese Zeichen auf unserer Stirn und bei mir auch auf den Schultern sind auch glücksbringende Zeichen, die uns vom Lehrer aufgemalt wurden. Sie ließen sich allerdings relativ leicht wieder abwaschen, was aber den Effekt sicher nicht schmälert. Kleiner Exkurs: ich las letztens über traditionell thailändische Tattoos, die ja Glück bringen sollen und den Träger vor Schaden bewahren sollen. Sie werden traditionell von Mönchen ausgeführt und viele Leute lassen sich diese mit Öl statt Farbe stechen. So sind die Tattoos unsichtbar, weil sich eben die Haut nicht färbt, aber der Effekt des Tattos soll trotzdem vorhanden sein. Ich fand das interessant...
Die Nacht haben wir dann in Phatthalung verbracht. Am darauffolgenden Sonntag war der Geburtstag der thailändischen Königin, was in Thailand wie Muttertag begangen wird.  Der Freund von May, dessen Mutter auch mit in Phatthalung war, hat uns dann zusammen zu sich nach Hause nach Hat Yai eingeladen, um dort zusammen "zu feiern" (was soviel heißt, wie zusammen zu essen). Da ich ja erst am Montag zurück nach Bangkok musste, haben wir das dann auch gemacht. 
Hat Yai ist leider in den letzten Jahren verstärkt ins Zentrum muslimischer Terroristen gerückt. Vor wenigen Monaten explodierte in der Innenstadt eine Autobombe, die 14 Menschen das Leben kostete. Ich äußerte den Wunsch, mir doch ein wenig die Stadt anzusehen. Aber May's Freund, der als Sicherheitsmann am Flughafen arbeitet, riet uns davon ab, da insbesondere an diesem Feiertag, viele Verdachtsfälle für Autobomben existierten. Und so blieben wir in unserem Vorort in dem netten Häuschen und haben gegessen was das Zeug hält.
Das Wochenende ging, obwohl es ein verlängertes war, auch wieder viel zu schnell rum. Der Süden Thailands wächst mir mehr und mehr an's Herz und der Abschied ist nun zum Greifen nah...

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